Das Unglaubliche wird uns an diesem Frühlingsnachmittag erst nach und nach bewusst.Ein Ausspruch von Mark Twain fällt mir dazu ein: "Das Reisen ist für Vorurteile tödlich". Hier im Mashantucket Reservat der Pequot Indianer müssen wir Vieles revidieren, was wir an Vorstellungen über das heutige Leben amerikanischer "Ureinwohner" gehabt hatten.
Michael Thomas, ein Mitglied des Stammes der Pequot, meinte in einem Interview etwas sarkastisch, dass wohl die Mehrheit der amerikanischen Bürger erwarten würde, seinesgleichen in Wigwams mit Lederbekleidung vorzufinden. Aber genauso, wie die westliche Welt sich verändert hat, haben auch sie ihre Lebensweise weiterentwickelt.
Wir waren bei unseren Reisevorbereitungen für Neuengland auf das Museum der Pequots gestoßen und neugierig darauf geworden.
Nun stehen wir auf dem Turm im Eingangsbereich, von wo man durch die großen Panoramascheiben einen sehr guten Überblick auf das Reservat hat. 5,6km² Land, Du hast richtig gelesen, wurde dem Stamm zurück erstattet. Zum Vergleich: die Stadt Mödling ist doppelt so groß.
Betrachten wir die Vorkommnisse seit dem Kommen der Engländer und Holländer, die Mayflower war etwas weiter nördlich von hier gelandet, so stoßen wir auf hinlänglich Bekanntes: Wie auch anderswo in den USA gab es hier viel Traumatisches für die ansässige Bevölkerung zu erleiden.
Zunächst florierte der Handel mit den Siedlern, doch nach und nach herrschten Krieg, von den Weißen eingeschleppte Krankheiten mit verheerenden Auswirkungen, Flucht, Sklaverei durch hunderte von Jahren. Durch den Tod der Stammesältesten und vieler anderer Männer blieben oft nur die Frauen zurück. Ihr Landbesitz, früher ein großes Gebiet am Connecticut River, war inzwischen stark verkleinert.
Zu Ende des 19. Jahrhunderts lebten nur mehr ein paar Dutzend Stammeszugehörige äußerst ärmlich vom Verkauf wilder Beeren und etwas Landwirtschaft.
Es gleicht einem Wunder und zeugt von der visionären Kraft, dem Einsatz und der Willensstärke Einzelner, dass der Stamm der Mashantucket Pequots nicht in alle Winde zerstreut und für immer verloren ging.
Zwei Halbschwestern, Ann und Elizabeth George und deren Nachfahren arbeiteten in der Mitte des 20. Jahrhunderts daran, ihr Land wiederzugewinnen und Mitglieder ihres Stammes, die in alle Winde zerstreut gewesen waren wiederzufinden. Sie zu bewegen, zurück zu kommen, war tatsächlich kein leichtes Unterfangen. Wovon sollte man seinen Lebensunterhalt bestreiten, das bisschen Land gab ja nichts her.
Nach einigem Hin und her entschloss sich die Stammesführung, ein Kasino zu bauen. An sich nichts Ungewöhnliches für indianische Reservate.
Im Unterschied zu manch anderen Beispielen im mittleren Westen entwickelte sich das Foxwood Resort in Mashantucket, im Südosten Connecticuts, etwa 2 Autostunden nördlich von New York zu einer unglaublichen Erfolgsgeschichte und verhalf den Pequots zu großem Reichtum.
Im Unterschied zu manch anderen Beispielen im mittleren Westen entwickelte sich das Foxwood Resort in Mashantucket, im Südosten Connecticuts, etwa 2 Autostunden nördlich von New York zu einer unglaublichen Erfolgsgeschichte und verhalf den Pequots zu großem Reichtum.
Der Kasinokomplex, 1992 eröffnet, umfasst drei Hotels mit 3000 Zimmern, ein Theater mit 2800 Sitzen, in dem erst kürzlich etwa Mark Knopfler oder Norah Jones aufgetreten sind, mehrere Restaurants, Geschäfte und Spas. Im Kasino unterhalten sich an einem einzigen Tag bis zu 45 Tausend Menschen an 60 Spieltischen und 1400 Spielautomaten.
Mit den Einnahmen aus dem Kasinogeschäft konnte das Pequot Museum und Forschungszentrum gebaut und 1998 eröffnet werden. Dass die zur Verfügung stehenden Mittel so konstruktiv eingesetzt werden hat vielleicht auch mit der Organisation des Stammes zu tun. Inzwischen auf mehr als 300 Einwohner gewachsen, sind alle über 55jährigen Stammesmitglieder, mit ihnen alle Familien in einem Ältestenrat vertreten. Der Vorsitzende wird für drei Jahre gewählt.
In den wenigen Stunden unseres Besuches im Museum bekommen wir einen Eindruck von der Kraft dieser Gemeinschaft der Pequot Indianer. Man spürt ihren Stolz und ihre Freude, wieder mit ihren Wurzeln verbunden zu sein, in jedem der drei Stockwerke. Mit modernsten Mitteln gestaltet, werden offensichtlich junge und alte Besucher angesprochen. Es herrscht reges Treiben. Viele Schulklassen und Besucher aus allen Teilen des Landes kommen hierher. Besonderen Eindruck hinterlassen die Menschenpuppen aus Fiberglas. Szenen aus allen Bereichen des täglichen Lebens in den Dörfern des Stammes sind lebensecht dargestellt.
Ein Raum ist natürlich auch den Schöpfungsmythen und dem Spirituellen gewidmet. Viele wunderschöne Bilder berühren unsere Herzen. Leider musste ich hier alle Fotos, die ich unerlaubt gemacht hatte, unter dem strengen Blick des Aufsehers löschen.
Tief beeindruckt verlassen wir das Reservat in Mashantucket nahe New London in Connecticut und legen Dir, geschätzte/r LeserIn ans Herz, einen Besuch einzuplanen, solltest Du einmal in der Nähe sein.
Leider durften wir im Museum nicht fotografieren, deswegen möchte ich auf die sehr informative Homepage verweisen.
http://www.pequotmuseum.orgIm folgenden Link ist ein Interview mit einem Stammesmitglied zu sehen:
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